Alle Impulse zu 7 Wochen ohne Stillstand: Üben!

Schwerter zu Pflugscharen
Bildrechte wikipedia.com

Hier finden Sie bis Ostern alle geistlichen Impulse zur Fastenaktion 7 Wochen ohne Stillstand: Üben!

 

Der 1. Impuls zu Jesaja 2, 1-5: Mein Ziel - von Heidi Wolfsgruber: "Aufgebrochen bin ich!" thematisiert den Krieg in der Ukraine.

Der Krieg in der Ukraine ist bei mir wie wohl bei so vielen eingeschlagen wie eine Bombe. Eine Bombe, die mich innerlich aufgebrochen hat. In der offenen Wunde pulsiert es. Meine Gedanken versuchen zusammenzubringen, was gerade alles passiert. „Schwerter zu Pflugscharen“ – zu diesem Wort aus dem Buch des Propheten Jesaja taucht sofort das Bild des Denkmals des sowjetischen Bildhauers Jewgenij Wutschetitsch in mir auf.  

„Schwerter zu Pflugscharen“ – zu diesem Wort aus dem Buch des Propheten Jesaja taucht sofort das Bild des Denkmals des sowjetischen Bildhauers Jewgenij Wutschetitsch in mir auf. Es zeigt einen Mann, der machtvoll ein Schwert mit einem Hammer zu einer Pflugschar umschmiedet. 1957 hat es die Sowjetunion der UNO in New York geschenkt. Die Friedensbewegung der DDR hat beides, Wort und Bild, in ihrem Logo vereint und damit deutlich gemacht: Zum Frieden braucht es echte Anstrengung und Kraft!

 

Bisher habe ich mich durch diesen Aufruf vor allem dazu herausgefordert gefühlt, meine inneren Schwerter zu solchen Pflugscharen umzuschmieden. Mit meiner unbändigen inneren Energie, die auch viel Wut kennt, habe ich versucht tiefe Furchen zu ziehen und auch andere dazu ermutigt, die Hand an den eigenen „Friedenspflug“ zu legen. Friedensbewegung ist für mich in diesem Sinne ein mich bewegender spiritueller Prozess gewesen. Mein Beitrag zur Demokratie und der Anerkennung der Menschenwürde jedes und jeder einzelnen, auf der sie basiert. In der Gewissheit, dass wir auf diese Weise gemeinsam zu mehr Frieden in der Welt kommen.

Jetzt aber frage ich mich, ob ich über diesem so stark auf die eigene Person bezogenen innerlichen Ansatz etwas Entscheidendes vernachlässigt habe. Hätte ich mich nicht auch um eine mehr nach außen orientierte Friedensbewegung im politischen Sinn bemühen sollen. Um ein viel sichtbareres tatkräftigeres Handeln? Hinein in die Schulen zu den jungen Menschen, um ihnen von all dem zu erzählen, was mir von meinen Großeltern und allen anderen erzählt wurde, die das Dritte Reich miterlebt haben? Hinweisen darauf, in welche Schieflagen uns jegliches Überlegenheitsdenken bringt – auch das von Eltern über Kinder? Hinausschreien, was ich an Ungerechtigkeit und wirtschaftlicher Ausbeutung in den verschiedensten Ländern mit eigenen Augen gesehen habe. Hinaustreten an die Öffentlichkeit medienwirksam wie beispielsweise die Frauen von Femen, die mit ihren Körpern unerschrocken die leidvollen Machansprüche über Leib und Leben anprangern.

Immer wieder bin ich beeindruckt von Menschen, die genau das können. Die mit entschiedener Stimme sprechen. Die mit ihrer Sicht überzeugend von Leid und Gewalt sprechen in dieser Welt, in der ich in Frieden wohne. Doch ich selbst traue mich nicht, meine Stimme so entschieden zu erheben und frage mich: Warum bloß nicht? Habe ich Angst? Angst vor den kopfschüttelnden Reaktionen der anderen? Oder liegt es daran, dass ich die „dunkle Seite“ des Wohlstands und Friedens in ihrer Grausamkeit nicht kenne?

Oder hängt meine vornehme Zurückhaltung an meinem Gottesbild? Daran, dass ich tief in mir vielleicht eine falsche Art von Ehrfurcht spüre vor einer Gottesmacht, deren Wirken so viel größer ist als das, was ich weiß und will. Eine Macht, die mich wie ohmächtig macht, weil sie mir mein eigenes „Gebrochensein“ so deutlich macht. Ist es daher vielleicht die Angst aus meiner eigenen inneren Zerrissenheit heraus andere mit all meiner Wut und Klage hammermäßig in Grund und Boden zu schreien, also die Angst, selbst zutiefst verletzend zu sein, die mich so still macht?

In meiner Antwortlosigkeit vermag ich nichts als zu dieser Gottesmacht selbst zu schreien. Unheimlich laut ist dieser Schrei in die Tiefe hinein und doch nach außen still. Die Druckwellen dieses inneren Schreiens aber durchbeben und erschüttern mich. Ziehen die vorhandenen Furchen in mir noch mal tiefer. Abgründig tief. Umgeben mich mit Alleinsein und Dunkelheit angesichts des Krieges in der Ukraine, angesichts des sich in die Welt hineinziehenden Schreckens.

Wohin wird dieses schmerzende Aufgebrochensein mich führen? Ich weiß es nicht, sehe noch nicht wohin es geht, hab kein Ziel vor Augen. Kann nur irgendwie hoffen, dass daraus etwas erwachsen, neu kommen und aufblühen will.

Und so übe ich mich im Harren. Im Offenhalten. Im Aushalten. Im Sehnen nach dem Österlichen, das Du, „Du stilles Geschrei“ – wie Dorothee Sölle Dich genannt hat -  in Dir birgst. Von Jesaja lasse ich mir dabei Mut auf dem Weg machen: „Kommt, lasst uns hinaufgehen! Kommt, lasst uns wandeln im göttlichen Licht! Es ist die Einladung an uns alle, Menschen aller Völker, gemeinsam in Richtung Frieden zu gehen.

 

Angebot zum Austausch "einfach reden" am Dienstag, 8. März, 19:30-20:30 Uhr via Zoom 
Anmeldung bei heidi.wolfsgruber@bildung.evangelisch.com

Mehr zur Fastenaktion 7 Wochen ohne: https://www.dekanat-neustadt.de/7-wochen-ohne-stillstand-impulse-und-ge…

 

 

Jesaja 2, 1-5